Der Straftatbestand des Schwarzfahrens und dessen Folgen

Schon die Nutzung von Bus, Bahn und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Fahrschein bedeutet nach der aktuellen Gesetzeslage im deutschen Strafrecht die Begehung eine Straftat – die aktive Umgehung von Kontrollen oder die Vornahme einer Täuschungshandlung ist dafür nicht nötig. Schwarzfahren ist unter dem Straftatbestand des sogenannten „Erschleichen von Leistungen“ in § 265a Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe gestellt. Die Folgen einer Verurteilung nach einer Strafanzeige können von einer Geldstrafe bis hin zu einer (Ersatz)Freiheitsstrafe reichen; dies gilt insbesondere bei wiederholtem Schwarzfahren. Unter einer Ersatzfreiheitsstrafe versteht man eine Freiheitsstrafe, die als Folge der Unmöglichkeit der Zahlung der auferlegten Geldstrafe ersatzweise verhängt wird. 

Ordnungswidrigkeiten und Unterschiede zum Strafrecht

Eine Ordnungswidrigkeit meint eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt (§ 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)) , ohne eine Straftat zu sein. Beispiele für Ordnungswidrigkeiten sind Falschparken oder Geschwindigkeitsüberschreitungen. 

Im Gegensatz zu einer Verurteilung bei einer Straftat kann bei der Verhängung eines Bußgeldes wegen einer Ordnungswidrigkeit keine Eintragung ins Führungszeugnis entstehen. Das Risiko einer Vorstrafe besteht mithin nicht. Damit sind die Folgen einer Ordnungswidrigkeit für den weiteren Lebensverlauf eines Täters oder einer Täterin deutlich milder als die einer Straftat. 

Statt einer Geld- oder Freiheitsstrafe, wie sie im Strafrecht verhängt werden, werden bei Ordnungswidrigkeiten Bußgelder auferlegt, deren Höhe in der Regel gesetzlich festgelegt ist. Auch ein Bußgeld kann bei Unmöglichkeit der Begleichung des Geldbetrages durch eine Erzwingungshaft ersetzt werden.

Ordnungswidrigkeiten werden statt im Strafverfahren in einem Verwaltungsverfahren behandelt und landen nur im Fall eines Widerspruchs vor Gericht. Aus den vorgenannten Aspekten ergibt sich ein einfacheres und schnelleres Verfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht als im Strafrecht, wodurch Ressourcen gespart werden. 

Kritik an der Strafbarkeit des Schwarzfahrens 

Kritische Stimmen an der aktuellen Gesetzeslage wurden insbesondere seit 2023 laut. Im Mittelpunkt der Kritik stehen der übermäßige Justizaufwand durch Verfahren über das Erschleichen von Leistungen, sowie die soziale Härte und die fragliche Verhältnismäßigkeit der strafrechtlichen Ahndung.

Jährlich werden mehrere tausend Verfahren zu Schwarzfahr-Sachverhalten geführt und Menschen gemäß § 265a StGB verurteilt. Es handelt sich um eine der am häufigsten begangenen Straftaten in Deutschland. Dadurch werden die Gerichte, die Staatsanwaltschaft und die Polizei stark belastet und zahlreiche Ressourcen aufgebraucht. Die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens wäre daher mit einer enormen Entlastung der Justiz und Verwaltung verbunden. Streitigkeiten um Fahrgelder würden sich dann in erster Linie auf das Zivilrecht beschränken. 

Wegen Schwarzfahrens Verurteilte sind überdurchschnittlich häufig Menschen, die sich einen Fahrschein schlicht nicht leisten können. Ihnen ist nach einer Verurteilung folglich auch das Zahlen der Geldstrafe oft unmöglich, weshalb es dann zur Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe kommt. Der politische Vorwurf lautet: Armut werde faktisch kriminalisiert. Die Folgen eines Haftaufenthaltes können schwerwiegend sein und im schlimmsten Fall von psychischen Folgen bis zum Wohnungsverlust reichen.

Das Strafrecht stellt unter den dem Staat zur Verfügung stehenden Mitteln das schärfste dar. Kritische Stimmen hinterfragen, ob das Fahren ohne Fahrschein ein hinreichend kriminelles Unrecht darstellt, um derart scharf geahndet zu werden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das erhöhte Beförderungsgeld bei lediglich 60,- Euro liegt. Unter dem erhöhten Beförderungsgeld versteht man die zivilrechtliche Forderung, welche Verkehrsbetriebe gegen Fahrgäste, die ohne gültigen Fahrschein gefahren sind, geltend machen können. 

Argumente für die aktuelle Gesetzeslage zum Schwarzfahren

Befürworter der aktuellen Gesetzeslage möchten durch die scharfe Ahndung des Schwarzfahrens eine Signal- und Abschreckungswirkung erreichen, sowie die Einnahmen der Träger der öffentlichen Verkehrsmittel schützen. Diese seien auf die Ticketgelder angewiesen. Die Befürworter befürchten eine Verharmlosung des Schwarzfahrens, welches schließlich ein betrugsnahes Verhalten darstellt, durch die Entkriminalisierung, welche zu einer Häufung des Fehlverhaltens führen könnte und sich negativ auf die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs auswirken könnte. Zudem wird von Ungerechtigkeit gegenüber den bislang rechtstreu mit Fahrschein fahrenden Passagieren gesprochen. 

Dem Argument der Kritiker der sozialen Härte wird entgegengesetzt, dass dieser durch eine Senkung der Ticketpreise begegnet werden solle, und nicht durch Anpassungen des Strafrechts. Anhaltspunkt für eine soziale Lösung über die Anpassung der Fahrkosten sei es, dass während der Existenz des 9-Euro-Tickets die Zahl der Schwarzfahrten gesunken sei. 

Reformierungsmöglichkeiten des Straftatbestands zum Schwarzfahren

Durch die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens, beispielsweise in Form einer Umwandlung des Straftatbestandes in eine Ordnungswidrigkeit, könnte Schwarzfahren – ähnlich wie Falschparken – mit der Verhängung eines Bußgeldes geahndet werden. 

Alternativ wird die Beschränkung der Strafbarkeit auf schwere Fälle – also beispielsweise wiederholtes oder gewerbsmäßiges Schwarzfahren – diskutiert. Eine weitere Möglichkeit wäre die Schaffung weiterer Ermessensspielräume für die Staatsanwaltschaft, sodass es insbesondere in Bagatellfällen vermehrt zu Einstellungen kommen könnte. 

Rechtliche Beratung bei dem Vorwurf einer Schwarzfahrt

Gerade in Zeiten einer politischen und rechtlichen Ungewissheit über den Fortbestand einer Norm und die zukünftige Handhabung eines Sachverhaltes, ist die Konsultation eines Strafverteidigers wichtig, um sich über seine Rechte zu informieren. Kontaktieren Sie uns gerne für eine Beratung und strafrechtlichen Beistand.